Wieder hatte ich keine Vorstellung, wie es weitergehen sollte, nur einen Anfang. Darf man beim Schriftstellern mitten während der Arbeit kochen? Ich habe einen herrlichen Brokkoli aus Mutters Garten mit Schafskäse und viel Knoblauch zubereitet und verspeist, und dabei weitergeschrieben. Weil alle handelnden Personen schon ihre eigenen Kapitel bekommen haben, heißt das Nächste:
5. weltraffer
zuerst fiel ihm nur auf, daß da draußen kein wasser war. statt der graublauen fläche, die sich bis zum horizont erstreckte, sah romani zwei hochhäuser wie seines, dazwischen einige große bäume, einige bunte kisten, grüne flächen, graue flächen. ein gewirr von grün und grau zog sich über die ganze aussicht. nur ganz in der ferne konnte er einige streifen wasser erkennen, dort gab es auch ein paar riesige kästen,wie auf der seite liegende hochhäuser, und dazwischen sehr seltsame gebilde, die wie die erstarrten skelette von tieren in die luft ragten.
die sonne schien nicht mehr, der himmel war mit dichten wolken bedeckt. jetzt bemerkte romani, daß dort draußen keine bewegung war. kein wind ließ die blätter der bäume zittern, auch die wolken standen still. und als er genauer hinsah, entdeckte er da unten menschen, die herumstanden wie puppen. sie waren in bunte kleider gehüllt, einer saß auf einem drahtgestell mit großen rädern, und alle rührten sich nicht von der stelle.
romani hatte einige minuten so still beobachtend am fenster gestanden. ihm fiel ein, daß er sich das näher ansehen wollte, vom balkon aus. während er einen schritt auf die tür hin machte, änderte sich draußen plötzlich das bild. die bäume waren kahl geworden, die erde weiß, die menschen waren verschwunden. nur die häuser blieben, und die eisenskelette in der ferne. der himmel war jetzt blau mit dicken weißen wolken. er stellte fest, daß mit jeder bewegung, die er im raum tat, dort draußen hinter dem fenster ein anderer zeitabschnitt auftauchte. als er wieder in der tür stand, war auch die katze wieder da, stand neben ihm auf der türschwelle und sah ihn fragend an. draußen war wieder seine gewohnte wasserwelt.
romani bückte sich hinunter zu dem tier und berührte es vorsichtig, was diesem zu gefallen schien. er hob alexi mit beiden armen hoch und hielt ihn vor seiner brust sachte fest. das tier gab ein wohliges schnurren von sich. so, mit der katze auf dem arm, ging er wieder zu dem sehspalt am fenster. wieder war die grau-grüne welt mit menschen auf drahträdern zu sehen, aber jetzt war sie nicht mehr im stillstand, menschen gingen herum, der radfahrer bog um die ecke, eine der bunten kisten zog fort, in der ferne waren noch viel mehr von diesen bunten kisten zu sehen, die auf schmalen streifen hin und her fuhren, auch eines der liegenden hochhäuser auf einem der wasserstreifen glitt langsam zur seite. die blätter an den bäumen wackelten im wind. am himmel endeckte romani einen schwarm vögel, der in kreisen herumflog und sich dann auf dem dach eines kleinen hauses mitten zwischen bäumen niederließ. zu hören war von alledem nichts. nur alexi schnurrte weiter auf romanis arm.
wenn romani einen kleinen schritt zur seite machte, war draußen wieder winter. kehrte er, mit der katze im arm, zurück an die vorherige stelle, konnte er den taubenschwarm wieder mit der gleichen steilen kurve landen sehen. seine möglichkeit, sich eine draußenzeit auszuwählen, war dabei beschränkt durch den schmalen sichtspalt im weißen vorhang. er versuchte, den spalt mit einer hand etwas zu verbreitern, aber das half nicht, im selben moment verschwand jedes bild und das fenster wurde schwarz. er entdeckte aber ein kleines stück weiter von der tür entfernt einen zweiten, noch schmaleren spalt.
seine mutter hatte ihm einmal jenes alte foto gezeigt, das sie in einer blechdose verwahrte, von einem blumenkohl, wie sie ihn im dachgarten anbauten, nur viel größer, so riesig wie ein hochhaus. mali hatte das „den Atomkohl“ genannt*, so einen blumenkohl sah er auch jetzt, wie er mit Alexi durch den zweiten spalt hinaussah. ein langer weißer streifen zog sich quer über den himmel, senkte sich schnell dort hinten zwischen die spinnenartigen skelette und die liegenden hochhäuser bei den wasserbecken, dann gab es einen sehr hellen blitz und dann wuchs der blumenkohl in den himmel. romani machte eine kleine bewegung zur seite und zurück, dann tauchte der streifen erneut auf und dann der atomkohl. immer wieder.
was danach folgte, war nicht zu erkennen. während die beiden noch so zusammen dastanden und hinausstarrten und romani nicht fassen konnte, was er sah, war auf einmal ein geräusch vom balkon her zu hören. alexi riß sich aus seiner umklammerung los, sprang auf den boden und lief zur tür. das bild vom atomblumenkohl fror ein. romani ging der katze hinterher. draußen war ein vogel auf der brüstung gelandet. alexi sprang hoch, um den vogel zu fangen, der vogel flog fort und alexi saß auf dem geländer, schwankte und fiel dann zur außenseite hinunter. romani lief ans geländer, blickte hinab und sah die katze im freien fall. kurz vor dem aufschlag aufs wasser verschwand sie.
*ab hier leicht geändert, danke für die Anregung.
Ich habe dann nochmal ein paar Kleinigkeiten geändert und die Schiffe nachgetragen.
8. August 2010 um 23:28
Kann ja nicht schaden, alle Sinne zu stimulieren, um die Kreativität auf Trab zu bringen. Hat ja anscheinend wie gewünscht gewirkt.
Ist gut geworden, bis auf ein paar Kleinigkeiten: Du umschreibst erst alles sehr schön, und dann kommer kurz darauf die richtigen Begriffe (Kran, Radfahrer, Atrompilz). Woher soll Romani die kennen?
9. August 2010 um 00:24
Hallo Günni
danke! ja, das ist mir auch kurz aufgefallen. vielleicht ändere ich das noch. ich wollte auch noch was ergänzen, es gab nämlich ein schiff („ein liegendes herumfahrendes hochhaus“) im hafen (auf dem hintersten, und augenscheinlich breitesten der wasserstreifen)…
welche kleinigkeiten noch? ich merke das manchmal selber, beim schreiben, gehe aber drüber weg, weil mir gerade nichts besseres einfällt. und einiges fällt mir bestimmt auch nicht auf, wenn man es mir nicht sagt.
ich war heute nicht richtig locker (lags am vollen magen?), und mit dem produkt dann auch nicht so zufrieden, nur glücklich, es abgeliefert zu jhaben, mit dank an die hausfrau. aber die richtung der geschichte gefällt mir immer noch, icgh bin echt gespannt, wie das noch weitergehen kann. oder erst richtig anfangen?
darum schön, daß du es „gut geschöpft“ nennst. wunschkind.
dein rauskucker (das fernrohr im finstern)
9. August 2010 um 00:28
any wortvorschlag for „radfahrer“ (person driving on an ironcycle) ?
9. August 2010 um 10:45
Meinst du etwa mich? Hey, Namen sind magisch, die verhunzt man nicht einfach so.
Besser so, die Wortwahl und auch die Erklärung. Ich freue mich, wenn du das annimmst.
Außer den drei Sachen hat mich nichts gestört.
Die Idee mit dem Schiff finde ich gut, bau ruhig noch mit ein.
Radfahrer: Der Mann mit Rädern bog um die Ecke? (Stichwort Zentaur)
– Oder den Nebensatz entfallen lassen, wenn für die weitere Geschichte ohne Belang.
Sonst fällt mir auch nichts ein. Mach vielleicht etwas Werbung, damit hier mehr Leute mitmischen, Brainstorming quasi.
9. August 2010 um 18:38
oh, Guinan, Entschuldigung. War einer von Pauls doofen Witzen.
9. August 2010 um 21:03
Wie, bist du eine multiple Persönlichkeit?
10. August 2010 um 06:14
Nein, ich nicht. Paul ja, gewissermaßen. Das ist eine unausweichliche Begleiterscheinung von Zeitreisen.